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Can-Am senkt erneut die Preise für seine Zweiräder




Das Déjà-vu aus Kanada

Manchmal fragt man sich, ob bei Can-Am jemand die „Repeat“-Taste am Taschenrechner gefunden hat. Schon wieder purzeln die Preise für die beiden E-Bikes Pulse und Origin. In Nordamerika nennt man das Ganze charmant „Factory Sale“, was ungefähr so klingt wie „Räumungsverkauf mit Stil“. Nun insgesamt 4.000 US-Dollar Rabatt sollen Käufer locken – offenbar bersten die Lager so langsam vor lauter unverkauften Zukunftsvisionen.

Woran liegst, das sich die beiden E-Bikes von Can-Am bei uns nicht verkaufen? Genrell fehlden Akzeptanz der E-Bikes in der Zielgruppe Biker und anfänglich absurd hohe Preise.

Und in Deutschland? Hier rutschte der Preis Mitte des Jahres ebenfalls nach unten: Das Naked-Bike Pulse kostet jetzt rund 12.900 Euro, die Offroad-Schwester Origin 13.500 Euro. Klingt nach einem Schnäppchen – wäre da nicht der fade Beigeschmack, dass Can-Am die Kundschaft schon wieder mit Rabatten statt Argumenten überzeugen muss.


Warum der Funke einfach nicht zündet

Die beiden Kanadier sind technisch durchaus spannend: moderner E-Antrieb, schickes Design, ordentlich Drehmoment. Doch die Realität sieht anders aus – der Absatz hinkt, die Begeisterung bleibt verhalten. Und das liegt weniger am Produkt, sondern an altbekannten Hürden.

Für die Fahrt in die City und zurück: Da passts. Aber wer mehr Richtung Touuren denkt. Vergiss es. Reichweite ist viel zu gering wenn unterwegs auch mal richtig Motorrad fahren will. Im eigenen Twisty7-Test gingen zwischen 70-85 km, dann war der Akku fast platt.

Reichweite: Auf dem Papier klingen 145 bis 160 Kilometer super. In der Praxis sind es aber oft weniger – vor allem, wenn man mal flott unterwegs ist schmilzt die tatsächliche Reichweite schnell dahin.

Preis: Wer über viel Geld verlangt, muss liefern – und zwar mehr als nur ein gutes Gewissen. Der allergrößte Anteil der Käufer wollen Alltagstauglichkeit, keine Mission.

Service & Ladenetz: Da ist noch viel Luft nach oben.


Mutig, naiv oder einfach zu elektrisiert?

Can-Am wollte’s besser machen – und landete dabei irgendwo zwischen Idealismus und Realitätsverweigerung. Anstatt sich bei den gescheiterten E-Versuchen anderer Hersteller inspirieren zu lassen, ging man voll aufs Risiko. Ergebnis: schöne Bikes, wenig Käufer, hohe Lagerbestände. Bis dato sind in Deutschland keine 50 Fahrzeuge verkauft worden. Die meisten davon sind über Can-Am oder die Händlerschaft zugelasssen.

Dabei sind die Rahmenbedingungen in Kanada gar nicht schlecht – die Verkaufszahlen liegen hier wesentlich höher als bei uns doch auch in Nordamerika bleiben sie weit, sehr weit hinter den Erwartungen zurück. An teurem Strom liegt’s nicht. Über 50 Prozent des Stroms kommen dort aus Wasserkraft, die Kilowattstunde kostet umgerechnet im Schnitt nur rund 11 Cent – im Vergleich zu unseren 39 Cent in Deutschland fast schon ein Schnäppchen.

Vielleicht eher daran, dass auch der kanadische Durchschnittsbürger gerade wichtigere Sorgen hat, als sich ein E-Motorrad für den Preis eines Mittelklassewagens zuzulegen. Oh, Pardon, auch dieser ist in schwindeleregende Preishöhen aufgestiegen.


Der Ausverkauf der Visionen

Man darf gespannt sein, ob diese Preissenkung die Wende bringt – oder nur die nächste Etappe im Marathon der Rabatte ist. Denn ganz ehrlich: Wenn der „Factory Sale“ erst mal zur Daueraktion wird, riecht das nicht mehr nach Werbeoffensive, sondern nach „Rettet den Lagerbestand“.

Für alle Unentschlossenen bleibt immerhin ein Trost: Das ist garantiert nicht die letzte Rabattaktion.

Und wer weiß – vielleicht gibt’s beim nächsten Mal zum Pulse gleich ein Solarpanel und einen Gutschein fürs Ladegerät gratis dazu.


Fazit: Viel Watt, wenig Wirkung

Can-Am hat mit Pulse und Origin eigentlich zwei interessante E-Motorräder geschaffen. Doch solange Preis und Praxis meilenweit auseinanderliegen, bleibt der Zündfunke aus. Die Idee war groß, der Markt klein – und jetzt wird’s eng zwischen Idealismus, Absatz und Akzeptanz.

Oder wie man in Kanada sagen würde: Nice try, eh?

LINK CAN-AM Zweiräder



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