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Nicht ohne Nachwirkungen – Zwei Wochen Can-Am Origin & Pulse

Zwei Wochen mit den Elektromotorrädern Can-Am Origin und Pulse haben Spuren hinterlassen

Zwei Wochen mit den Elektromotorrädern Can-Am Origin und Pulse haben bei mir deutliche Spuren hinterlassen – nicht nur an meiner linken Hand, wie sich später herausstellt.

Die beiden Modelle markieren den Einstieg des kanadischen Powersports-Herstellers BRP in den Zweiradmarkt. Angetrieben werden sie ausschließlich elektrisch. Mit der Enduro-Variante Origin und dem Naked Bike Pulse deckt Can-Am zwei zentrale Segmente ab – ein mutiger Schritt in einem bislang eher schwach entwickelten Marktumfeld.

Erste Skepsis – erstaunlich schnell verflogen

Anfangs war ich E-Motorrädern gegenüber skeptisch. Doch nach über 1.000 Kilometern ist davon kaum etwas übrig geblieben. Die Fahrdynamik beider Modelle ist beeindruckend, selbst in der abgespeckten 11-kW-Version (15 PS), die mit Führerschein A1 und B196 gefahren werden darf. In der offenen Ausführung stehen 35 kW (47 PS) bereit. Ein beherzter Dreh am Gasgriff, und die Maschinen schnurren leise, aber umso kraftvoll nach vorne – ganz ohne Motorgeknatter. Volles Drehmoment eben.

Ein klassisches Getriebe gibt es nicht, auch die Kupplung entfällt. Anfangs greift die linke Hand noch ins Leere, doch das legt sich schnell.

Reichweite als Spaßbremse

Beim Laden zeigt sich die andere Seite der Medaille. An der Haushaltssteckdose dauert es rund 2,5 Stunden, bis der Akku wieder voll ist. Mit Wallbox soll es in etwa 50 Minuten von 20 auf 80 % klappen. Ausprobiert habe ich das nicht. Verglichen mit einem Tankstopp sind das Welten.

Noch deutlicher wird die Einschränkung bei der Reichweite. Herstellerseitig werden 115 km (WMTC: World Motorcycle Test Cycle) angegeben. In der Praxis sind es eher 50 bis 75 km plus jeweils ca. 10 km Reserve – abhängig von Fahrweise und Tempo. Wer die Dynamik auskostet, steht wie ich schnell vor der Frage: Schieben oder hoffen? Auf meiner 112-km-Hausrunde musste ich mehrmals abkürzen, um überhaupt heimzukommen – und habe mich am Ende mit nur wenigen Prozent Akku ins Ziel gerettet. In Schrittgeschwindigkeit. Touren ohne ständigen Blick auf die Anzeige sind kaum möglich. Reichweitenoptimierung lautet permanent die Devise. Das nervt gewaltig. Wer fährt denn so?

Eine sorgfältige Ladeplanung ist bei längeren Ausfahrten unvermeidlich – inklusive eingeplanter Pausen. Zusätzlich stellt die Mitnahme des sperrigen Ladekabels eine Herausforderung dar: Es passt weder ins kleine Gepäckfach noch wirklich komfortabel in einen Rucksack. Nutzt man den Topspeed von 127 km/h zwischendurch als kleine Belohnung für durch Rekuperation gewonnene Zusatzkilometer, quittiert das Display den Spaß sofort: Die Reichweitenanzeige fällt im Sekundentakt in Richtung Reserve.

Zurück auf die GS – und plötzlich lahme Möhre

Nach zwei Wochen E-Bike-Kurven steige ich wieder auf meine geliebte BMW F800 GS (Baujahr 2012). Der Zweizylinder stammt von Rotax – jener Motorenschmiede, die auch die E-Motoren für Can-Am entwickelt und baut.

Die Rückkehr auf die BMW bringt eine unerwartete Erkenntnis: Im direkten Vergleich wirkt die GS träge, selbst bei hohen Drehzahlen. Die E-Bikes wären da längst über alle Berge. Punkten kann die BMW nur noch bei Topspeed und Reichweite – eine Tankfüllung reicht problemlos für drei Tage Hausrunde oder rund 350 Kilometer. Endlich wieder entspanntes Tourenfahren ohne ständigen Blick auf die Reichweitenanzeige.

Auch das Sitzgefühl überrascht: Nach der Origin wirkt der hohe Lenker der GS fast wie auf einem Chopper. Die Riser kommen zurück auf Originalhöhe, beschließe ich.

Und meine linke Hand? Nach der ersten Runde mit der vermeintlich „lahmen Möhre“ schmerzt sie vom vielen Kuppeln – ein klares Signal, dass nach der E-Kur wieder Griffkraft-Training angesagt ist.

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