Tagebuch: CFMOTO 675NK

CFMOTO 675 NK: Tag 1

Tagebuch einer neuen Redaktionsbekanntschaft – CFMOTO 675NK

ODO 7 km

Break-In oder Wellnessprogramm?

Break-In. Klingt nach martialisch, brutalem Fitnessprogramm, ist aber eigentlich ganz harmlos. Auf Deutsch nennt man es Einfahren – und plötzlich wirkt alles weniger dramatisch, fast schon melodisch. Gemeint sind die ersten 1000 Kilometer mit unserem neuen Redaktionsbike, der CFMOTO 675NK. Bevor die CF beweisen darf, was in ihr steckt, gehen wir streng nach Handbuch vor: 500 Kilometer maximal 4000 U/min, anschließend 500 Kilometer maximal 6000 U/min. Klingt einfach. Fühlt sich aber an wie Fastenzeit mit laufender Dönerwerbung im Blickfeld. Und ja: sachte beschleunigen. Ob wir das durchhalten? Wir schauen mal.

CFMOTO 675NK: Ein Naked Bike, das nicht nur ein absolut verrücktes Preis-Leistungs-Verhältnis liefert, sondern
dabei auch noch mit einem eigenständigen, richtig gefälligen Design auffällt.

Warum ein chinesisches Bike wie die 675 NK?

Neugier, Eigeninteresse, Preis-Leistungsverhältnis, Ausdauertest – oder einfach nur: Das Ding sieht gut aus. Und mal ehrlich: Die Frage stellt sich aktuell vielen. Chinesische Zweiräder „fluten“ den Markt, während Japan in den Abwehrmodus schaltet. Was die Japaner einst in den 70ern und 80ern vormachten, wiederholt China jetzt – nur deutlich schneller. Ein Blick auf die EICMA in Mailand bestätigt das: Über 600.000 Besucher, und die Chinesen präsentieren nicht nur „Kernschrott“, wie man ihn vielleicht aus den 90ern noch kennt. Im Gegenteil. Aber ich schweife ab – zurück zur 675NK.

Start bei 7 km auf dem Tacho. Laut Handbuch sollen die Standard-CST-Reifen kalt bei 2,3 Bar vorne und 2,6 Bar hinten im Solobetrieb fahren. Also erst mal Luft ablassen für die ersten Kilometer. Eine Außentemperaturanzeige fehlt leider – aber hey, es gibt immerhin eine Reifen-Temperaturanzeige. Auch nicht schlecht, immerhin weiß man so, wann die Gummis warm genug zum Heizen sind.

Der holprige Start – oder: Wann kommt eigentlich der 7. Gang?

Der offizielle Tag 1 beginnt… nicht. Nicht weil die CF streikt, sondern die Zulassungsstelle. Hackerangriff. Termin gestrichen. Neue Buchung, neues Glück: statt 4. November jetzt der 14. Und natürlich nutzt der Sommer diese Zeit, um noch einmal richtig aufzudrehen. Perfektes Einfahrwetter, das wir jetzt aus der Ferne bewundern dürfen. Aber hey: Wir sind optimistisch. Und tatsächlich hält das Wetter erstaunlich lang.

Am 14. morgens dann endlich: Nummernschild frisch gelocht, Fahrzeugschein noch warm aus dem Drucker. Zack, Schild ans Bike geschraubt, Leder an – und ab dafür. Also… fast. Da war ja noch diese 4000-U/min-Regel. Zum Glück lässt sich im TFT der NK eine Schaltanzeige einstellen. 4000 eingeben, fertig. Die 675NK kommt serienmäßig mit Quickshifter und zweistufiger Traktionskontrolle. Ob man das alles wirklich braucht, klären wir in den nächsten Tagen.

Die ersten Meter – Liebe auf den zweiten Kilometer

Endlich rollen die ersten Meter – aus der Garage. Schalthebel noch auf die dicken Stiefel angepasst, Sitz eingenommen, Spiegel eingestellt – und der Dreizylinder darf seine vorgeschriebenen zwei bis drei Minuten warmlaufen. Klingt schon im Stand gut. Die Kupplung ist butterweich, aber die neuen Kupplungsscheiben im Ölbad ruckeln anfangs etwas. Völlig normal? Legt sich hoffentlich schnell. Die erste Gerade liegt vor mir. Gas – aber brav nach Vorschrift. Und immer achtsam mit den neuen Reifen sein. Die CST-Pneus sollten so nach den ersten 200 km voll einsetzbar sein. Denkste. Dazu dritter, vierter Tag.

Die Gänge liegen eng beieinander, so eng, dass ich ständig einen siebten suche, den es nicht gibt. Bei rund 65–70 km/h ist nämlich Schluss im 6-Gang Schaltgetriebe-Land, wenn man es gemütlich angeht (muss). Mit 4000 Touren sind knapp 90 km/h drin, mehr nicht. Geduld ist gefragt. Oh manno. Mitschwimmen auf der Landstraße ade. Ich moniere zum Verkehrshindenis. Auf nem Bike. Der Panda hinter mir gibt Lichthupe. Unfassbar!

Zwischeneinschub: Honda CB650RR?

Als Alternative zur CF stand die Honda CB650RR im Raum. E-Clutch ausprobiert, super Technik. Aber der höhere Preis und das Drehzahlband des Vierzylinders nach oben jubeln um vowärtszukommen. Nee, nicht mein Ding. Dennoch: Die Honda bekommt später ihre Chance. Ende des Einschub.

Quickshifter und Kupplung – Freund oder Feind?

Zurück zur CF. Der Quickshifter macht anfangs ein eher unschönes „Rumpeln“ beim Einkuppeln. Mag ich nicht. Also Quickshifter per TFT deaktiviert und zurück zur guten alten Handarbeit. Runterschalten wäre ohnehin nur manuell gegangen: Die 675NK hat keinen Blipper, da sie noch per Seilzug arbeitet. Ich probiere den Quickshifter später nochmal aus, wenn sich alles etwas bei den krachneuen Kupplungsscheiben eingelaufen hat. Der Kupplungshebel ist mit geringstem Kraftaufwand zu bedienen. Top!

Spiegel, Lenkungsdämpfer und Fahrwerk – kleine Details, große Wirkung

Positiv fällt sofort auf: Die Spiegel. Nicht nur gut im Design, sondern auch tatsächlich funktional. Großartige Rücksicht – und das meine ich wörtlich.

Tacho zeigt ODO 7 km. Die ersten Kilometer genieße ich ganz privat – keine Kamera, keine Fotos. Nur die CF und ich auf einer kurvigen Landstraße. Die Fahrdynamik ist neu für mich, aber der serienmäßige Lenkungsdämpfer hilft enorm. Und das voll einstellbare Fahrwerk macht neugierig. 7000 Euro für dieses Paket? Klingt fast zu gut. Meine 25 jährige Quad- und ATV-Test-Vergangenheit hat mich misstrauisch gemacht: Auf dem Papier „voll einstellbar“, in der Praxis oft ohne spürbare Wirkung. Und die CFMOTO?

Der serienmäßige Lenkungsdämpfer der CFMOTO 675NK zeigt schon nach ein paar Klicks Wirkung – das Fahrverhalten ändert sich spürbar, ohne dass man gleich die Fahrphysik neu erfinden muss. Persönliche Fahrprofile lassen sich ruckzuck einstellen, und das Beste: sogar während der Fahrt.

Doch bei der NK zeigt schon ein, zwei Klicks am Lenkungsdämpfer Wirkung – drei Klicks sogar deutlich. Und das Beste: Man kann die Einstellungen problemlos während der Fahrt anpassen. Die Gabel und das Federbein bleiben an Tag 1 noch auf Werkseinstellung. Der Plan: später spielen. Und das wird nötig sein, wie sich herausstellt.

Nachtfahrt – Licht und Schatten

Es ist inzwischen dunkel, aber die 500-Kilometer-Hürde soll so schnell wie möglich in der nahen Zukunft fallen. Die Wettervorhersage ist eher mau für die nächsten Tage. Also hänge ich über 2 Stunden Nachtfahrt an. Der LED-Scheinwerfer ist bei Geradeausfahrt stark. Fernlicht auch. In der Kurve allerdings… nun ja. Sagen wir höflich: optimierbar. Ab einer gewissen Schräglage fährt man wortwörtlich in ein schwarzes Nichts. Auf meinen Hausstrecken, die ich seit Jahren kenne, muss ich das Tempo massiv reduzieren. Ein beinahe Abflug in einer Kurve durch Falscheinschätzung des Radius weil nix richtig gesehen, soll sich nicht wiederholen. Mit wenig Tempo, wesentlich weniger geht es besser. Adaptives Kurvenlicht, wie bei den neusten CFMOTO-ATVs, wäre hier pures Gold. Feedback geht raus ans Werk.

Das TFT ist informativ, anfangs zu viel des guten an Information aber nachts etwas zu enthusiastisch hell, selbst im gedimmten Modus. Zum Glück deckt mein Helm das schlimmste Blenden ab.

Die Ausleuchtung bei Nacht? Grundsätzlich gut – solange man geradeaus fährt oder nur leicht in die Kurve geht. Wird es richtig schräg, zeigt die Lichtausbeute deutlich Schwächen. Selbst auf meiner Hausstrecke musste ich das Tempo drosseln – und die kenne ich in- und auswendig! Dazu kommt: Das TFT-Display blendet auch bei maximaler Dimmung noch ordentlich. Verbesserung dringend empfohlen, sonst wird aus der Nachtfahrt schnell ein Suchscheinwerfer-Abenteuer.

Fazit Tag 1 – vielversprechend und spaßig

Am Ende von Tag 1 steht das erste Fazit: CFMOTO hat der 675NK einen flüssigkeitsgekühlten Dreizylinder mit 66 kW (89,74 PS bei 11.000 U/min) verpasst – und selbst mit weniger als halber Leistung (Stichwort: Einfahrphase, maximal 4000 1/min)) zeigt der Motor, dass er untenrum kräftig, gleichzeitig sehr geschmeidig anschiebt. Linear, berechenbar, angenehm – und erstaunlich spaßig. Dazu kommt der tief brummend, rhythmisch und unwiderstehliche Sound und ein völlig unkompliziertes Fahrverhalten. Die CF zieht sauber ihre Bahnen – bei maximal 90 km/h. Ein sehr solider Start in eine hoffentlich lange Redaktionsfreundschaft.

Nur bis 4000 U/min auf den ersten 500 Kilometern? Klingt nach Schlafwagen-Modus, denke ich, und wappne mich gegen Langeweile. Aber weit gefehlt! Der Motor macht sowas von Laune. Er drückt ordentlich, schnurrt dabei geschmeidig vor sich hin – fast wie eine zufriedene Katze auf Kurvenjagd. Jetzt bin ich gespannt auf die zweite Zündstufe: bis maximal 6000 U/min ab 500 km. Mal sehen, ob der Dreizylinder dann noch mehr rockt!

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